Gesunde Städte: Die Mailänder Erklärung

gestadt

Wir, die Bürgermeister und führenden politischen Vertreter der WHO-Projektstädte, die sich am 5. und 6. April 1990 in Mailand zusammengefunden haben, bekräftigen unsere Verpflichtung gegenüber den Grundsätzen des Gesunde-Städte-Projektes der WHO und erklären:

Zur gesundheitsfördernden Rolle der Städte - Gesundheit

Gesundheit ist ein positives Konzept, das die gesellschaftlichen und persönlichen Komponenten der Gesundheit ebenso betont wie die körperlichen Fähigkeiten. Gesundheit wird letztlich von den Menschen in ihrer alltäglichen Lebensumgebung geschaffen und gelebt. Wir setzen uns deshalb ein für die Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik zur Schaffung von gesundheitsfördernden städtischen Lebenswelten, die es allen unseren Bürgern erlauben ihre Gesundheit weiter zu entwickeln und auf Dauer zu erhalten.

Eine Politik zur "Gesundheit für alle" Städte sind entscheidende Handlungsträger im Zuge der Umsetzung des WHO- Programms "Gesundheit für alle".Wir verpflichten uns deshalb zur politischen Unterstützung dieses Programms sowie zur Erreichung seiner Ziele in unseren Städten. Dies erfordert die Mitwirkung und Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger einschließlich angemessener Mechanismen der Dezentralisierung lokaler Entscheidungsbefugnisse und Ressourcen.

Eine auf Dauer angelegte Entwicklung Gesundheit hängt von der Erhaltung unserer natürlichen Ressourcen ab, zugleich aber auch von der dauerhaften Erhaltung der Qualität unserer natürlichen Umwelt sowie der von den Menschen geschaffenen sozialen Umwelt. Wir verpflichten uns deshalb zu einer Stadtentwicklung, die umweltfreundlich und auf Dauer angelegt ist.

Insbesondere anerkennen wir die schädlichen Auswirkungen des Verkehrs auf die Gesundheit und die Umwelt, und die Notwendigkeit einer umfassenden städtischen Verkehrsplanung, die diese Auswirkungen berücksichtigt.

Chancengleichheit und Gerechtigkeit Gefährdungen unserer Gesundheit erwachsen nicht nur aus Armut, sondern auch aus anderen Arten der sozialen Benachteiligung.Wir verpflichten uns deshalb zur Unterstützung von Programmen zur Reduzierung von gesundheitlichen Chancenungleichheiten in unseren Städten. Insbesondere in diesem von den Vereinten Nationen proklamierten "Jahr der Bildung" anerkennen wir den entscheidenden Beitrag, den unsere städtischen Bildungssysteme für die Schaffung und Förderung von Gesundheit leisten können.

Multisektorale Zusammenarbeit und Rechenschaftspflichtigkeit Gesundheit ist im wesentlichen das Ergebnis der insgesamt in einer Gesellschaft unternommenen (oder unterlassenen) Einwirkungen auf die physische und soziale Umwelt. Verbesserungen der gesundheitlichen Versorgung sind nur zum Teil den Fortschritten medizinischer Versorgungssysteme zuzuschreiben.Wir verpflichten uns deshalb, mit Blick auf die umfassenderen gesellschaftlichen Bestimmungsfaktoren von Gesundheit, zur Stärkung der multisektoralen Zusammenarbeit in unseren Städten sowie zur Sondierung von Möglichkeiten durch unsere Stadtparlamente und städtischen Behörden Gesundheits- und Umweltverträglichkeitsprüfungen für alle städtischen Planungsentscheidungen, Politiken und Programme einzuführen.

Internationale Dimensionen Frieden ist eine Grundvoraussetzung für Gesundheit. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die neue Öffnung in Europa und geben unserer Überzeugung Ausdruck, dass den Städten beim Brückenschlag der Verständigung innerhalb und zwischen den Ländern Europas und der Welt eine entscheidende Rolle zukommt. Wir verpflichten uns deshalb zur politischen Unterstützung des Gesunde-Städte- Projekts der WHO innerhalb der nationalen und internationalen Netzwerke und Organisationen, zu denen wir gehören, sowie zur Förderung der nationalen und internationalen Bewegung für ein neues Verständnis von öffentlicher Gesundheit (New Public Health).

Maßnahmen für gesunde Städte

Wir bestätigen unsere Verpflichtung zur Umsetzung des Gesunde-Städte-Projektes der WHO und bekräftigen nochmals unseren Willen, jedwede uns mögliche Maßnahme zu ergreifen zur Gewährleistung einer wirksamen Durchführung des Projektes in unseren Städten. Dazu gehören:

  • die Etablierung wirksamer Mechanismen multisektoraler Zusammenarbeit zur Entwicklung einer gesundheitsfördernden kommunalen Gesamtpolitik;
  • die Entwicklung eines Stadtgesundheitsplans, der die zentralen städtischen Gesundheitsprobleme aufgreift und stadt-umfassende multisektorale Strategien zu deren Lösung vorschlägt;
  • der Aufbau einer angemessenen Projekt-Organisationsstruktur;
  • die Schaffung von Mechanismen der öffentlichen Rechenschaftspflicht über die Auswirkungen kommunalpolitischer Entscheidungen auf die Gesundheit;
  • die Sicherstellung einer wirksamen Bürgerbeteiligung an allen die Gesundheit betreffenden Entscheidungen und Maßnahmen.

Zur Sicherstellung des langfristigen Erfolgs der Gesunde-Städte-Bewegung werden wir uns darum bemühen, mit der jüngsten Verpflichtung des Europabüros der WHO gleichzuziehen und auch unsere Beteiligung am Projekt bis mindestens 1995 fortführen.

Des weiteren werden wir mit unseren Stadtparlamenten die Möglichkeiten unserer Teilnahme an einer Gesunde-Städte-Ausstellung im Rahmen der Weltausstellungen 1992 in Sevilla und 1995 in Wien und Budapest sondieren, um damit zur Sichtbarkeit der Erfolge des Projektes mit beizutragen.

Zur Förderung der Gesundheit unserer Bürger verpflichten wir uns weiterhin, mit unseren Stadtparlamenten und Behörden zu überlegen, welche Maßnahmen wir unternehmen können zur Unterstützung der jüngsten gesundheitspolitischen Initiativen und Aktionen der WHO, als da sind:

  • die europäische Charta "Umwelt und Gesundheit"
  • der europäische Aktionsplan "Tabak oder Gesundheit"
  • die WHO-Luftreinhaltungsrichtlinien
  • die Politik der WHO zur AIDS-Prävention und zur Versorgung der an AIDS Erkrankten.

Wir sind uns des Bedarfs an zusätzlichen Ressourcen bewusst, die nicht allein von unseren eigenen Städten und der WHO aufgebracht werden können und fordern die WHO daher auf:

  • im europäischen Raum, zusammen mit anderen Partnern, die Führung bei der Durchführung gemeinsamer Aktionen zur Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen für städtische Gesundheit zu übernehmen, unter besonderer Berücksichtigung derjenigen Städte Europas mit den größten Problemen und den geringsten Mitteln;
  • Möglichkeiten der Schaffung einer zusätzlichen finanziellen Unterstützung des Gesunde-Städte-Projektes zu sondieren, wie z. B. die der Errichtung eines Europäischen Gesundheits-Fonds;
  • Möglichkeiten der Errichtung und Unterstützung eines Gesunde-Städte-Institutes zu sondieren zur Förderung der Gesunde-Städte-Bewegung;
  • einen Europäischen Gesunde-Städte-Verband zu schaffen;
  • das Gesunde-Städte-Projekt auch auf Städte in den Entwicklungsländern auszudehnen.

Wir werden die WHO bei ihren Bemühungen, zusätzliche Mittel für das Projekt zu beschaffen, politisch unterstützen. Wir verpflichten uns, anlässlich der nächsten Bürgermeistertagung, die 1992 im Rahmen des Gesunde-Städte-Symposiums in Kopenhagen stattfinden wird, über die in unseren Städten erzielten Fortschritte zu berichten.

Schlussfolgerungen

Wir anerkennen die Gesundheit und deren Erhaltung als bedeutende soziale Investition.

Wir bekennen uns erneut zu den Grundsätzen der Gesundheitsförderung, wie sie in der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung dargelegt wurden. Wir unterstützen die Herausforderung des Gesunde-Städte-Projekts in seinem Bestreben, auch zur Lösung der übergeordneten ökologischen Probleme unseres Lebens und Überlebens beizutragen.

Wir fordern daher die Städte in ganz Europa und darüber hinaus auf, sich an der GesundeStädte-Bewegung zu beteiligen und mit uns eine einflussreiche Lobby für öffentliche Gesundheit aufzubauen.

Quelle: WHO Webseite

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